Die Deutsche Botschaft in Santo Domingo hat wieder zu einer Ausstellung geladen. Dieses Mal wollte ich nicht den Alleinunterhalter spielen, sondern holte mit noch vier weitere Künstler ins Boot. Mit Olgamarina, Gladys, Pedro und Kenya sind wir eine bunte Mischung, die mit unterschiedlichen Techniken und Stilen harmonieren. Da wir schon öfters zusammen ausstellten, sind wir ein eingespieltes Team, das durch die Harmonie der Kunstwerke überzeugt. Diese Ausstellung sollte unter dem Thema Ein- und Auswanderung laufen.
Als Titel der Kunstausstellung wählten wir „Träume und Abgründe“. Viele Wochen arbeitete ich im Atelier und zusammen bereiteten wir uns auf die Ausstellung vor. Unsere Arbeit fruchtete. Der Tag der Vernissage war gut besucht und wir konnten einige Verkäufe erzielen. Eines meine Gemälde geht so direkt nach der Präsentation in die USA. Die Ausstellung kann noch im Centro Dominico Alemán bis Mitte Dezember in der Zona Colonial / Santo Domingo besucht werden. Wir freuen uns auf jeden Besucher. Meine Werke können auch weltweit geordert werden, da ich mit internationalem Versand arbeite.
Jeder in der dominikanischen Biker-Szene kennt mich als „El Artista“ , also „Der Künstler“ , deswegen habe ich diesen Namen auch auf meiner Kutte.
Ich arbeite an einem neuen Projekt und verbinde die Kunst mit den Motorrädern sowie der Szene in der Dominikanischen Republik. Wer darüber einiger wissen möchte, kann mich gerne auf meinem Blog Karibik-Biker besuchen. Dort werde ich nach und nach einiges über Routen und den Clubs berichten. Schaut einfach mal rein!
Oft werde ich gefragt, wie es sich hier so lebt. Welche Unterschiede gibt es zu Deutschland? Da ich schon sehr lange in Santiago de los Caballeros wohne, ist für mich schon vieles zur Normalität geworden. Doch einige Dinge gibt es in dieser Kultur, die man so nicht in Deutschland findet. Hier nun zwei kurze Beispiel:
So gibt es hier entlang diverser Hauptstraßen und Überlandstraßen viele Motels. Diese Stundenhotels sind das Ergebnis doppelter Moral. Den meisten Jugendlichen wird es nicht gestatten, dass der Freund oder die Freundin im elterlichen Haus übernachten. Also werden erste sexuelle Erfahrungen heimlich in billigen Stundenhotels gemacht. Weiterhin hat der wahre dominikanische Macho neben seiner Ehefrau noch Geliebte, die er ja irgendwo vernaschen möchte. Jedes Mal, wenn ich an so einem Motel vorbeifahre und ich sehe, dass ein Wagen dort herausfährt, grüße ich freundlich. Ich wette, dass derjenige sich eine Woche lang Gedanken darüber macht , wer ich wohl war. Schließlich darf die Frau nichts erfahren.
Wenn man sein Auto waschen möchte, so fährt man zum Car Wash. Dort angekommen, übergibt man die Wagenschlüssel an einen Angestellten und setzt sich an die Bar. Es gibt keine Autowaschanlage ohne Alkoholausschank. Dort wird sich oft mit Freunden getroffen und bleibt schon mal eine gute Zeit dort sitzen, währen reichlich Bier und Rum konsumiert wird. Zu vielen dieser Orte werden Prostituierte magisch angezogen, die um einen herumschwirren. Zuerst möchten sie ein Bier, dann kommen sie zum Geschäft. Einige fahren dann mit einem sauberen Auto gleich in eines der oben genannten Motels oder gut angetrunken nach Hause.
Seit meiner Jugend trage ich Stiefel und Lederjacke, das hat sich auch in der Karibik nicht geändert. Egal wo ich erschien, kam die Frage nach meinem Motorrad. Welches Motorrad? Wahrscheinlich hatte ich den Spirit eines Bikers, ohne es zu wissen. Da ich es immer häufiger zu hören bekam, fing ich wirklich an, über ein Moped nachzudenken. Nie in meinem Leben saß ich auf einem Motorrad, aber ich wurde neugierig und fing an mich zu informieren, welche Arten von Zweirädern es gibt, aber auch wie man sie fährt. Irgendwann wurde das Interesse so groß, dass ich mich auf die reale Suche nach einem Gefährt machte. Es sollte zu mir passen und nicht allzu groß sein, damit ich darauf üben konnte. Mein Alter war genau richtig. Mit meinen 48 Jahren ging ich mit Sicherheit keinen jugendlichen Leichtsinn auf den Straßen ein. Ich fand das ideale Bike für mich, eine UM Renegade Commando mit 250ccm, das ich Valquiria taufte. Es kam mir, als Neuling, groß und schwer vor. YouTube wurde zu meinem Fahrlehrer und dann ging es los. Geübt wurde im Viertel, in dem ich wohne. Fahrradfahrer und sogar Fußgänger pfiffen an mir vorbei, während ich mit Gas, Kupplung und den Gängen kämpfte. Es war etwas Neues und ich fing nicht nur an, das Motorrad zu lieben, sondern auch zu leben.
Jeden Tag zog ich meine Runden. Es ging immer besser und der Radius, in dem ich mich bewegte, wurden größer. Ich tätigte von nun an meine Einkäufe nur noch auf zwei Rädern mit Rucksack. Wir wurden unzertrennlich und unternahmen alles zusammen. Selbst wenn ich von Santiago nach Santo Domingo fuhr, verzichtete ich auf den Bus und wählte Valquiria für die 160Km pro Strecke. Bei 320Km mit 250ccm kommt das Motorrad schnell an seine Grenzen und obwohl es eine schöne Strecke ist, schlaucht es. Es half mir aber immer sicherer zu werden und das Moped zu verstehen.
Gerade mal fünf Monate mit angeeigneter Fahrpraxis kam das Angebot meines Lebens. Da wollte jemand das Land verlassen und verkaufte alles, was er hatte. Darunter auch eine Harley Davidson. Da musste ich einfach zuschlagen. Harley Davidson…das war nicht nur ein Bike, sondern ein Lebensgefühl. Die Maschine war ein Klassiker: Sportster von 1998, Sonderedition 95 Jahre Harley Davidson mit 1200ccm. Von nun an wusste ich, was es heißt, auf einem Motorrad zu sitzen. Im Vergleich zu Valquiria war es ein schweres Geschoss, der Spaßfaktor aber um etliches höher. Wenn ich mit dem typischen Harley-Sound und dem hohen Lenker durch Santiago de los Caballeros knattere, ziehe ich automatisch die Aufmerksamkeit auf uns. Einfach nur Wahnsinn. Auch auf langen Strecken ist es ein ganz anderes Fahrgefühl. Genuss pur!
In meiner späten Kindheit oder frühen Jugend gab es die erste Berührung mit der Punk-Kultur. In der damaligen DDR war es nicht nur ein Hobby, sondern die Entscheidung gegen das System inklusive seiner politischen Struktur. Verboten, verpönt und unterwandert war Punk ein Spießrutenlauf. An die Musik zu kommen war eine logistische sowie auch organisatorische Herausforderung. Wir tauschten Musik wie andere Briefmarken. Dabei traf man sich jeder mit seinem Kassettenrecorder und ein Überspielkabel, dann ging die Schieberei los. Was war man froh, wenn man die Kopie einer Kopie der Kopie einer anderen Kopie, dessen Kopie die Kopie einer Kopie war, sein Eigen nennen konnte. Wie die Historie meiner Kassette, so auch die Qualität. Mehr Rauschen als Musik und um Texte verstehen zu können, hing man mit dem Ohr an der Box und spulte immer wieder zurück.
Auf diesem Weg bekam ich auch irgendwann ein Tape mit Zonen-Punk. Ost-Punk war mir zuvor nie ein Begriff, da alles, was musikalisch aus dem Osten kam, von mir ignoriert wurde. Um so mehr verwunderte mich positiv, was meine Ohren zu hören bekamen. Zonen-Punk war so verrucht-ehrlich. Schrammelsound und Texte, mit denen ich mich identifizieren konnte. Es hörte sich irgendwie neu-anders an, etwas was ich in der DDR niemals vermutete. Bands wie SchleimKeim, Paranoia, Planlos, Müllstation und Kaltfront, um nur einige wenige zu nennen, begleiteten mich seit jener Zeit.
Kaltfront ist eine der Bands, denen ich bis zum heutigen Tage treu geblieben bin. Gespannt folge ich dieser Band auf den sozialen Medien, um Neuigkeiten nicht zu verpassen. Das erste Lied, das mein Sohn Diego auf der Gitarre lernte, war „Nachts auf den Straßen“. Wir hörten die Band stets auf dem Schulweg, wenn ich meine Jungs zum Colegio fuhr.
Eines Tages, es war der 18. Januar dieses Jahres, fand eine Textnachricht den Weg auf mein Handy. Absender war ein alkoholhaltiges Getränk … irgendetwas mit Doppelkorn. Meine erste Vermutung: Werbung. Neugierig wie ich nun einmal war, las ich…: „Hola senor, ich in der Bassist der Gruppe Kaltfront. Proxima semana reise ich in die Dominikanische Repulik…Sollten Sie Zeit und Lust auf ein Treffen haben, würde mich das freuen…Grüße aus Dresden…“.
Wie genial war das denn, mal jemanden meiner Lienlingsband persönlich kennenzulernen und ein Bierchen mit ihm schlürfen zu können, und das am anderen Ende der Welt.
So kam es, dass wir uns unter karibischen Palmen trafen und uns viel über alte und neue Zeiten austauschten. Irgendwie war gleich eine Verbindung mit Jörg aufgebaut. Wir tranken kalte Biere unter heißer Sonne und aßen Pizza in der weltbesten Pizzabude aus Wellblech am Arsch der Welt. Es war ein gelungener Tag, den wir auf jeden Fall wiederholen sollten.
Cheers
P.S.: Und danke Jörg für die neue Musik von Kaltfront!
Nach der Preisverleihung in Kolumbien ging es auch gleich mit Ausstellung in Zusammenarbeit mit der Deutschen Botschaft in Santo Domingo weiter.
Unter dem Titel „Geschminkter Schmerz“ ersuchte ich die Gewalt an der Frau darzustellen. Ich stellte Gemälde, Fotografien, Holzschnitte und Skulpturen aus.
Es war alles recht stressig, da ich einen Tag später wieder nach Kolumbien reisen musste, wo mich schon die nächste Ausstellung im Rahmen des Internationalen Kulturfestivals erwartete.
Was für andere der Gang ins Büro oder auf die Baustelle ist, bedeutet für mich ins Atelier zu gehen. Auch hier ist das wichtigste Arbeitsgerät die Kaffeemaschine.
In diesen Räumlichkeiten empfange ich Kunden und arbeite vor allem mit #Druckgrafiken, wie zum Beispiel dem #Holzschnitt oder Radierungen sowie mit Skulpturen. In meiner Wohnung habe ich mir ein zweites #Atelier für sauberer Arbeiten eingerichtet.
Was macht mein Atelier so einzigartig? Ich arbeite in einer alten Gefängniszelle inmitten einer noch funktionierenden militärischen Festung. Wenn ich aus dem vergitterten Fenster schaue, gucke ich auf eine Mauer an der Gefangene exekutiert worden sind. Noch heute sieht man die Einschusslöcher. Es ist ein Ort voller Geschichte und Einzelschicksale. Vielleicht ist es das, was mich an meiner Schaffensstelle so inspiriert.
#Corona ist immer und überall. Wie sieht es in Santiago de los Caballeros aus, während die Welt Kopf steht? Eigentlich ganz normal… Kranke, Tote, Ausgangssperre von 17.00 Uhr bis 6.00 Uhr, staatlich verordneter Maskenball etc.
Gibt es eigentlich jetzt mehr oder weniger Tote? Ich glaube weniger. Es fallen ja die Raubmorde und tödlichen Unfälle weg
Die Zeit zu Hause nutze ich kreativ und habe einige neue Konzepte für kommende Ausstellungen ausgearbeitet. Auch wurden neue Kontakte nach Europa geknüpft. Es wird ja eine Zeit nach #Corana geben. Auch wenn die #Kunst in dieser Zeit keine Rolle zu spielen schein, ist sie doch wichtig. Kunst ist und bleibt Alimentation für die Seele. Was wäre die Welt ohne Musik, Film, Kultur…?
Gerade in jetzt ist es wichtig uns, die Künstler zu unterstützen. Kauft ei lebenden Künstlern! Tote Künstler haben nichts mehr davon. Ist es doch traurig zu wissen, dass ein Künstler nach seinem Tod von seinen Werken leben kann.
Am Samstag wollte ich eigentlich nicht aus den Federn, geschweige in die Hauptstadt fahren. Dorthin war ich in einer Universität eingeladen worden, da dort die Preisverleihung für einen #Fotowettbewerb stattfand, der von einer Stiftung und der Europäischen Union ausgerufen wurde.
Irgendwie rang ich mich doch dazu durch, nach Santo Domingo zu fahren. Dabei probierte ich sogleich eine neue Transportfirma aus, die die mit einigen Punkten für sich sprach: Neue Busse, einen exzellenten Service, kostenloser Parkplatz und die Autos werden auf dem Parkplatz gewaschen. Im Bus wird in einer Minibar kaltes Wasser und Kaffee geboten. Außerdem befindet sich die Bushaltestelle in der Hauptstadt nur wenige Minuten zu Fuß von der Universität.
Dort angekommen sah ich schon große Ausdrucke einiger Fotos, darunter sich auch meine Werke befanden. Bei der offiziellen Preisverleihung wurden die Preise direkt vom Botschafter der Europäischen Union, Gianluca Grippa, überreicht. Unerwartet wurde mein Name bei der Verlesung des ersten Preises aufgerufen. Und wieder einen Fotowettbewerb gewonnen! Es ist immer wieder schön, wenn die Arbeit als Künstler belohnt wird!
Santiago de los Caballeros, die Stadt, in der ich lebe, hat den Vorteil, dass man in relativ kurzer Zeit am Strand oder im Gebirge ist. Je nach Vorliebe kann beides auch spontan genossen werden.
Vorgestern bekam ich am frühen Abend unverhofft die Nachricht einer Freundin: „Hi Yves, wie wäre es mit einem Bier in Jarabacoa? Ich hole dich dann ab.“ Da ich für diesen Abend eh nichts gepant hatte, kam mir diese Abwechselung gerade recht.
#Jarabacoa ist ein Ort mit etwa 56.000 Einwohnern, der auf 600 Metern Höhe liegt und sich circa eine dreiviertel Stunde von Santiago de los Caballeros entfernt befindet. Dort ist das Klima stets angenehm frisch bis kühl, was diesen Ort zu etwas Besonderem in diesem tropischen Land macht. Im Januar sollte sich also unbedingt ein Pullover oder Jacke im Gepäck befinden.
Gegen 6:00 Uhr ging es dann los. Wir fuhren zuerst nach La Vega von wo es dann immer bergauf Richtung Jarabacoa geht. Je höher wir kamen, umso auffälliger veränderte sich die Vegetation. Palmen wurden durch Nadelbäume ersetzt. Ich fühlte mich wie in einem europäischen Mittelgebirge. Dann erreichten wir schließlich den Zielort Jarabacoa, durchquerten ihn und fuhren weiter und höher zu einem Restaurant in einem Komplex mit dem Namen „Jamaca de Dios“. Auf der Terrasse wurde ich mit einem spektakulären Ausblick belohnt. Einfach überwältigend!